Eurex sprach mit Jad Comair, Gründer und CIO des französischen Investmenthauses Melanion Capital, das sich auf Anlagestrategien mit Dividenden-Futures spezialisiert hat.
Eurex: Im Jahr 2008 lancierte Eurex Exchange als erste Terminbörse börsengehandelte Aktienindex-Dividenden-Futures mit einem auf dem EURO STOXX 50® Index basierenden Kontrakt. Seit 2010 können auch auf einzelnen Aktien basierende Aktien-Dividenden-Futures und verwandte Optionen gehandelt werden. Wie hat sich das Bewusstsein, vor allem bei Ihren Buyside-Kollegen, für diese relativ neue Anlageklasse seither entwickelt?
Jad Comair: Wie die kontinuierlich steigenden Handelsvolumina und das Open Interest belegen, ist das Bewusstsein für diese Anlageklasse stetig und schnell gestiegen. Als der Kontrakt in den Handel aufgenommen wurde, war der Markt vor allem auf Banken und Hedgefonds begrenzt. In der Zwischenzeit sind auch Vermögensverwaltungsgesellschaften hinzugekommen, die ihren Anlegern eine Vielzahl von Anlagestrategien bieten. Größere Multi-Strategie-Fonds halten Dividenden-Futures zur Diversifizierung. Einige Vermögensverwalter bieten Dividendenfonds, die größtenteils völlig auf die Teilnahme an EURO STOXX 50® Index-Dividendenkontrakten setzen. Melanion Capital hingegen bietet ein breites Spektrum an aktiven Strategien auf alle Dividenden-Futures, sowohl für Aktienindex- als auch Aktien-Dividenden-Futures.
Eurex: Dividenden wurden ja auch schon vorher als Anlageklasse gehandelt. Beispielsweise nutzten Banken vor den börsennotierten Derivaten Dividenden-Swaps, um die Risiken, die mit den Dividendenausschüttungen in Zusammenhang stehen, auszugleichen. Sie kennen beide Märkte. Welchen Vergleich können Sie ziehen?
Jad Comair: Die sogenannten Div-Swaps kamen in den frühen 2000er Jahren auf. Damals wurden sie von Banken genutzt, um einen Teil der Dividenden in Hedgefonds auszulagern. Die Banken mussten manchmal ihr Dividenden-Portfolio minimieren, und dabei waren eben Div-Swaps sehr erfolgreich.
Div-Swaps gehören allerdings zu den OTC-Produkten und brachten als solche eine ganze Reihe von Einschränkungen mit sich. Noch bevor gehandelt werden konnte, mussten die Gegenparteien bilaterale ISDA-Abkommen abschließen. Das war ein unglaublicher Aufwand, bei dem meist nur die größeren Unternehmen mitspielten und der für kleinere Marktteilnehmer eine echte Hürde darstellte. Wenn ein Marktteilnehmer dann diese Hürde überwunden hatte und Div-Swaps handeln durfte, war jedes Handelsgeschäft mit einem Gegenparteirisiko verbunden. Und nicht zuletzt mangelte es auch hier, wie allzu oft in OTC-Märkten, einfach an Transparenz.
Mit der Aufnahme des ersten Dividenden-Futures in den Handel wurde ein Instrument geschaffen, mit dem man ohne Kontrahentenrisiko und ohne die Notwendigkeit einer ISDA-Genehmigung, dafür aber in einem transparenten Markt handeln konnte. Das konnte nur erfolgreich sein.
Die Pleite von Lehman Brothers, gerade einmal drei Monate nachdem der erste Kontrakt lanciert worden war, veranschaulichte schon bald sehr deutlich die Vorzüge von Dividen-Futures. Eine riesige Menge an Div-Swap-Geschäften, für die Lehman als Gegenpartei fungiert hatte, hing plötzlich in der Schwebe. Marktteilnehmer hatten schier den Überblick darüber verloren, ob sie abgesichert waren oder nicht, während sich der Markt im freien Fall befand.
Dieses Ereignis führte ganz schnell zu einem massiven Abbau der Div-Swap-Transaktionen und einem entsprechenden Aufbau börsennotierter Futures-Positionen. Heute werden die meisten Dividendengeschäfte im EURO STOXX® Index über börsennotierte Terminkontrakte abgewickelt.
Dividenden-Swaps werden vor allem in den Vereinigten Staaten noch immer gehandelt. Denn dort sind Dividenden-Futures nach wie vor nicht zugelassen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Eurex: Ihr Unternehmen hat sich auf die Anlage in Dividenden-Futures spezialisiert. Was erwarten Sie von unseren sektorbasierten Dividenden-Futures, die unsere Palette an Dividendenprodukten seit März 2013 erweitert haben?
Jad Comair: Neue Produkte wie sektorbasierte Dividenden-Futures sind immer willkommen, denn sie dienen Anlegern als ein neues Instrument zur Absicherung ihrer zukünftigen Dividendenzahlungen aus den von ihnen gehaltenen Eigenkapitalanteilen. Dividenden-Futures sind eine innovative und attraktive Anlageklasse. Dank der wachsenden Liquidität werden auch sektorbasierte Dividenden-Futures auf jeden Fall ihren Platz im Rahmen unserer Strategien finden.
Wir freuen uns immer über neue Indizes und vor allem über die Notierung neuer Single Stocks. Sie erweitern unser Anlagespektrum vor allem für die U.S.-Geschäftswelt, denn dort hat sie noch keine Börse gelistet.
Eurex: Wir haben kürzlich ein neues ermäßigtes Gebühren- und Preismodell für Aktien-Dividenden-Futures bekannt gegeben. Dabei richten sich die Transaktionsgebühren nach der erwarteten Dividende der zugrundeliegenden Aktien. Welche Erfahrungen haben Sie mit diesen gestaffelten Transaktionsgebühren bisher machen können?
Jad Comair: Eurex Exchange hat das Wachstum dieses Marktes sehr konstruktiv und aufgeschlossen mitgestaltet. Von Anfang an war sie die treibende Kraft für den Erfolg dieser Anlageklasse. Da wir nur in Dividenden-Futures investieren, führt die neue, anpassungsfähige Gebührenordnung aus unserer Sicht zu mehr Liquidität und hilft dabei, den Erfolg des Produkts zu festigen.
Mit der Änderung des Multiplikators von 100 bis 1000 auf Single Stocks und durch die Einführung einer Börsengebühr, die die fiktive Dividende berücksichtigt, ist Eurex Exchange sehr proaktiv auf die Bedürfnisse der Anleger eingegangen.
Eurex: Wir bieten Aktien-Dividenden-Futures auf mehr als 90 der größten und wichtigsten Unternehmen der Eurozone und Europas. Welche Rolle spielen diese bei Ihren Anlageentscheidungen und wie kann man sie nutzen?
Jad Comair: Index-Dividenden-Futures sind besonders attraktiv für große Marktteilnehmer. Denn sie werden verwendet, um wichtige Expositionsrisiken sehr schnell zu verringern.
Aktien-Dividenden-Futures hingegen sprechen unterschiedliche Marktteilnehmer mit ganz unterschiedlichen Engagements in einzelnen Unternehmen an. Sie haben somit dazu beigetragen, dass sich das Spektrum der in diesem Markt agierenden Teilnehmer erweitert hat. Bei uns werden alle Dividenden-Futures angeboten Aktien-Dividendenderivate ermöglichen eine Diversifizierung unseres Portfolios. Und diese ist genauso unerlässlich wie unser Engagement in unterschiedlichen Marktströmen. Wir kaufen oder verkaufen sie direkt oder gegeneinander oder handeln sie gegen Index-Dividenden-Kontrakte.
Eurex: Die nächste Dividendensaison wird Ende Januar starten. Welche Erwartungen verbinden Sie, in Anbetracht der Rallye an den Aktienmärkten im Jahr 2013, mit der diesjährigen Saison und den Dividenden?
Jad Comair: Die Rallye am Aktienmarkt war aus unserer Sicht eher eine „Rallye der Neubewertungen“ als ein Marktaufschwung. Wir hoffen, dass wir 2014 die ersten Tendenzen für einen Aufschwung in Europa sehen werden, und im Anschluss daran dann eine Rallye am Dividenden-Futures-Markt.
Eurex: Zum Schluss noch diese Frage: Was empfehlen Sie Anlegern, damit ihre Investitionen in Dividendenderivate diese Erwartungen widerspiegeln?
Jad Comair: Dividenden-Futures halten wir für eine der interessantesten Investments. Wenn Sie sich mal die EURO STOXX 50®-Dividendenkurve ansehen, dann rechnet man am Markt damit, dass die Dividenden jedes Jahr für die nächsten 10 Jahre rückläufig sein werden. Wenn Sie für europäische Titel „bullish“, also optimistisch sind, so wie wir, dann sind Dividenden-Futures einfach die überzeugendste Anlageklasse, um in das Wachstum in der Zukunft zu investieren.
Eurex: Vielen Dank für dieses Gespräch.
 | Jad Comair, Gründer und CIO Jad von Melanion Capital SAS. Jad Comair ist ein Investment-Management-Profi und verfügt über profunde Erfahrungen im Dividenden-Futures-Segment. Vor der Gründung von Melanion Capital arbeitete er 10 Jahre lang als Managing Director der Trading-Abteilung bei Société Générale im Bereich Aktienderivate. In den letzten 5 Jahren hat er bei SocGen den Bereich Dividendentrading aufgebaut und entwickelt, der sich auf den Handel mit Dividenden-Futures spezialisiert hat. Comair hat seinen Diplom-Ingenieur an der Ecole Polytéchnique gemacht und einen Master in Finance an der Ecole Nationale des Ponts-et-Chaussées. |